
The Green Code
Angela Mrositzki vom Sublime Eyewear Magazin im Gespräch mit Hon.-Prof. Dr. Sascha Peters
26. Juni 2022
Interesse und Sensibilität der Verbraucher für das Thema Nachhaltigkeit, für nachhaltig produzierte Produkte, für grünes Design, grüne Architektur, sprich einen schonenden Umgang mit den Naturressourcen, nehmen zu.
Auch in der Brillenindustrie stellen sich Produzenten auf eine „grüne Zukunft“ ein – Beispiele zeigt das Schwerpunktthema „The Green Code“. Eine Einführung mit Dr. Sascha Peters von der Zukunftsagentur Haute Innovation.
Angela Mrositzki: Dr. Sascha Peters, auf Ihrer Webseite kündigen Sie eine Sonderausstellung zum Thema „Materials4Future – Nachhaltige Materialinnovationen“ auf der Messe Orgatec (10/2022) an. „Ob digitale Oberflächen aus transparentem Holz oder Textilien mit integrierten Solarmodulen, ob Bezugsstoffe aus Hanfresten oder Akustikmodule aus brandfestem Pilzmaterial als neuer Ressource:
Nachhaltige Lösungen für den Innenausbau, für Design und Architektur sind bereits seit Jahren in der Entwicklung.“ Sehen Sie bei der Vielfalt nachhaltiger Materialinnovationen auch interessante Materialoptionen für die zukünftige Herstellung von Brillen?
Sascha Peters: Absolut! Wir werden uns in den nächsten Jahren in die Richtung einer Circular Economy entwickeln, in der die genutzten Ressourcen so lange es geht in geschlossenen Materialkreisläufen zirkulieren. Einige Wirtschaftsbereiche wie die Verpackungs-, die Bekleidungs- und die Bauindustrieindustrie befinden sich bereits in einem Transformationsprozess weg von einem linearen Verständnis.
Der Kunde fragt zunehmend danach, aus welchen Werkstoffen ein Produkt gemacht ist, wie diese gewonnen werden und was am Ende des Lebenszyklus mit den genutzten Ressourcen passiert.
Die Brillenhersteller werden diesen Weg gehen müssen, auch wenn dort ja bereits einige recyclingfähige Werkstoffe genutzt werden. Dabei sehen wir vor allem die Notwendigkeit, plastikfreie Lösungen für Brillengestelle, das Etui und die Packsysteme für den eCommerce zu finden.
Vor allem bei hochwertigen Textilien und Lederalternativen sehen wir hochspannende Innovationen junger Start-Ups, die derzeit am Markt eingeführt werden.
Angela Mrositzki: Die Nachfrage der Verbraucher nach innovativen Produkten aus umweltfreundlichen Werkstoffen und mit nachhaltigen Technologien hergestellt, steigt. Haben Unternehmen adäquate Antworten und Angebote? Was muss sich verändern, damit ein ganzheitliches Umdenken stattfindet, u.a. in Punkto Design?
Sascha Peters: Das ist eine sehr gute Frage! Es genügt dabei nicht, die bisherigen Materialien einfach nur durch nachhaltige Alternativen zu ersetzen. Denn man muss den gesamten Lebenszyklus eines Produkts betrachten und das Lebensende vorwegnehmen.
Erst wenn der Hersteller in die Pflicht genommen wird, Verantwortung zu übernehmen für die Abfälle, die er produziert, wird sich grundlegend etwas ändern. Oder der Gesetzgeber schreitet ein und macht Vorgaben.
Wir haben in den letzten Jahren sehr gut sehen können, welche Effekte mit Verboten bestimmter Materialien für einige Einsatzzwecke zu erzielen ist.
Der Wandel betrifft auch den Designprozess, der auf die Wiederverwendung von Materialien ausgerichtet sein muss. Die Trennbarkeit der genutzten Ressourcen ist dabei eine ebenso wichtige Voraussetzung für die Kreislaufwirtschaft wie die Nutzung emissionsreduzierter Ressourcen und nachwachsender Rohstoffe.
Reuse, Repair, Remanufacturing sind Konzepte, die an Bedeutung gewinnen werden, auch für die Brillenindustrie.
Angela Mrositzki: Sind Designer die Entdecker neuer Materialwelten? Auf Ihrer Webseite berichten sie über zwei Designer, die Knochenreste als Grundlage für Stecker und Lichtschalter nutzen. Gibt es Branchen, die beim Thema Nachhaltigkeit vorangehen? Bitte beschreiben Sie einige Beispiele besonders kreativer Lösungen für nachhaltig hergestellte Produkte.
Sascha Peters: Insbesondere im Interior-, Textil- und Accessoire-Bereich erleben wir gerade eine enorme Vielfalt an Innovationen, in denen ungewöhnliche Reststoffe aus der Landwirtschaft, der Fischerei oder der Lebensmittelindustrie genutzt werden.
Dabei sehen wir, wie Designer selber zu Entwicklern und Produzenten einer neuen Kategorie von Materialien an der Schnittstelle zwischen Biologie und Technologie werden. Knochen als Reststoffe für die industrielle Verwertung anzusehen steht dabei als Pate für Abfälle, deren Wert in der Circular Economy neu definiert werden müssen.
Ob Kaffeesatz, Fischschuppen oder Nussschalen: Einige Designer weltweit verfolgen die Notwendigkeit für einen Transformationsprozess, der meiner Meinung nach längst überfällig ist.
Das Interview erscheint im Sublime Eyeware Magazin 2/2022: www.sublime-eyewear.com
Bild: Coffee Watch aus Kaffeesatzmaterial (Quelle: Kaffeeform, Berlin)
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