Niko Alber - Humanoider Roboter mit emotion

Emotionalität humanoider Roboter

Das Subjekt hat sich aufgehängt

17. Juli 2024

Schenkt man den Forschern Glauben, sieht sich die Menschheit eines Tages mit Robotern konfrontiert, die nicht nur aussehen wie wir, sondern auch so sprechen und sich entsprechend verhalten. Roboter werden zunehmend vermenschlicht. Doch welche langfristigen Konsequenzen sind zu erwarten? In seiner Masterthesis hat Niko Alber die Installation eines lebensgroßen Roboters entwickelt, in der er den Diskurs zu Mensch und KI durch ein vis-à-vis-Erlebnis fördert.

Humanoide Maschinen in sozialen Tätigkeiten

Das Critical Design beschäftigt sich mit der Frage, was den Menschen in seinem Wesen einzigartig macht und welche Rolle KI und emotionale Robotik in Zukunft spielen kann und soll – oder eben auch nicht. In seiner Installation „Das Subjekt hat sich aufgehängt“ fokussiert sich Niko Alber auf den Aspekt, ob humanoide Maschinen überhaupt wünschenswert sind.

In einzelnen Gesellschaften existiert bereits die Praxis, humanoide Maschinen für soziale Tätigkeiten einzusetzen, beispielsweise im Bereich der Altenpflege. Doch wenn wir davon ausgehen, dass gerade hier die „Menschlichkeit“ ein noch vergleichsweise hoch besetztes Gut darstellt, dann sind Pflegeroboter so etwas wie manifeste Chiffren für die Vorstellung, dass Maschinen über kurz oder lang prinzipiell alles das können werden, was bis dato dem Menschen als Gattung vorbehalten war.

Die Einschätzung, ob künstlich intelligente Roboter emotional werden können, hängt zunächst davon ab, was den Menschen zu einem emotionalen Wesen macht. Einige künstlich intelligente Roboter sind bereits in der Lage durch Berechnungen einfache Entscheidungen zu treffen, menschliche Mimik zu registrieren und zu imitieren und Gespräche zu vorgegebenen Themen zu führen.

Wenn Emotionen jedoch nur auf reine Berechnungen zurückzuführen wären, dann wären Roboter in emotionaler Hinsicht bereits heute wohl kaum mehr vom Menschen unterscheidbar. Menschliche Emotionen hängen jedoch auch grundlegend von der Physiologie des Menschen ab. Gefühle wie Freude oder Angst sind beispielsweise mit physiologischen Veränderungen wie dem Herzschlag, der Atemfrequenz oder unterschiedlichen Hormonspiegeln verbunden.

Da Roboter zum größten Teil aus Metall und Kunststoffen bestehen, ist es höchst unwahrscheinlich, dass sie jemals die für Emotionen notwendigen Erfahrungswerte erleben und in spezifische emotionale Werte übertragen können – in Gefühle, die weit mehr sind als bloße Urteile. Kurz gesagt: Roboter werden voraussichtlich niemals reale menschliche Emotionen haben können, weil sie niemals eine menschliche Physiologie werden vorweisen können.

Das Critical Design objektiviert die soeben dargelegte Problematik in Form eines gestalteten Artefakts. Wenn es tatsächlich so käme, dass Roboter die Komplexität von Menschen erreichten und in ihrer Funktionsweise den Menschen nicht mehr umfassend verständlich wären, dann muss der Gedanke erlaubt sein, dass Maschinen so etwas wie eine Psyche entwickeln könnten. Dies wiederum würde bedeuten, dass die Mensch-Maschine-Beziehung gänzlich neue Herausforderungen mit sich bringt.

Denn dann ginge es beim Handling dieser Maschinen nicht mehr nur um Phänomene wie Steuerung, Energiezufuhr, Wartung, sondern auch um den Umgang mit Gegebenheiten wie Gefühlen, Interessen, Trieben und Befindlichkeiten. Mit anderen Worten: Die Mensch-Maschine-Beziehung würde ähnlich komplex, unvorhersehbar und unkontrollierbar werden, wie es zwischenmenschliche Beziehungen zu einem großen Teil sind.

Die aktuellen Forschungsentwicklungen überkomplexer Maschinen mit unkontrollierbarem Eigenleben werden in der Installation konsequent zugespitzt und in ein Szenario in der Zukunft übertragen, bei dem sich ein emotionaler Roboter dazu entscheidet, sein Leben zu beenden.

Hypothetisch betrachtet stellt die Illustration ein plausibles Szenario mit symbolischer Expressivität dar. Denn mit einem menschlichen Bewusstsein gehen auch zwangsläufig Gemütsstörungen wie Depressionen einher. Das abschreckende, destruktive Motiv des Selbstmordes als Ohnmachtserfahrung schlechthin und als Tabuthema, das anzuschauen oder gar zu rezipieren gescheut wird, soll die Intensität der Aussage verstärken.

Die Installation „Das Subjekt hat sich aufgehängt“ macht sich zum Ziel, kritisches Hinterfragen der aktuellen Entwicklungen anzuregen und sich näher mit „Künstlicher Intelligenz“ zu befassen. Weiterhin ist die Intention, ein gesteigertes Bewusstsein zu schaffen und zum öffentlichen Diskurs einzuladen mit der Frage: Wollen wir das?

Der Text wurde uns von Niko Alber zur Verfügung gestellt.

Kontakt: www.instagram.com/nikoalber

Bildquelle: Niko Alber