Pilztextil aus Zunderschwamm
Parasiten produzieren gesundheitsförderliches Textil
Design Report
6-2016
Verlag
Rat für Formgebung Medien (Frankfurt)

Im Zeitalter des Internets und des schier unendlichen Zugangs zu Informationen zeigt Nina Fabert, dass traditionelle Materialien und vor allem das Wissen um deren Inhaltsstoffe nicht verjähren. In ihrer Abschlussarbeit seziert die Berliner Textildesignerin akribisch einen allgegenwärtigen Waldbewohner – Fomes formetaris: Ein langsam wachsender Baumpilz, auch bekannt als Zunderschwamm.
Zunderschwamm in Ötzis Gürteltasche
Vor 25 Jahren wurde in den Ötztaler Alpen die berühmte Gletschermumie Ötzi gefunden. Körper und Kleidung vom „Mann aus dem Eis“ waren nahezu unversehrt. Ein sensationeller Fund, nicht nur für Archäologen. Ein kleines Stück Zunderschwamm aus Ötzis Gürteltasche zog das Interesse von Biotechnologen auf sich.
Wie sich nachher herausstellte, nutzte Ötzi ein Stück des Pilzfruchtfleisches, Trams, als universales Hilfsmittel. Der Zunderschwamm war prähistorisches Feuerzeug und Reiseapotheke zugleich. In heißes Wasser gelegt, half der Pilzaufguss gegen Magenverstimmungen und kräftigte das Immunsystem.
Der Pilz ist in Europa, Asien und Nordamerika heimisch und besiedelt vornehmlich geschwächte Laubbäume wie Buchen und Birken. Von diesen nimmt der Parasit den sekundären Pflanzenstoff Betulin auf, der die Blutgerinnung beschleunigt und in Wundauflagen zu finden ist.
Diese Qualitäten hat auch die Designerin aus Berlin erkannt. In Verbindung mit alten Handwerkstechniken versucht sie, neue Anwendungsszenarien für den als Parasiten verschrienen Pilz zu umreißen. Ähnlich der Herstellung von Rindentuch, wird das Pilztrama gekocht und anschließend zu einer großen Fläche dünn ausgeklopft.
Das entstandene Textil entspricht in Haptik und Erscheinung einer Mischung aus Filz und Leder. Aufgrund der antiseptischen Wirkung sowie der absorbierenden Eigenschaften dieses Textils, sieht Fabert eine therapeutische Anwendung im dermatologischen Bereich. Ihr erster Entwurf ist ein Handschuh.
Mit ihrem Projekt zeigt die Designerin, dass smarte Textilien schon zu früherer Zeit ein wichtiges Thema waren. Denn Kleidung aus Zunderschwamm galt bereits in Sibirien als besonders gesund und kostbar.
Bild: Handschuh aus Pilztextil (Design: Nina Fabert)
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