Materialien für smarte Wahrnehmung
md Kolumne: Nachhaltigkeit heute
md Magazin
11-12 2021
Verlag
Konradin Medien (Stuttgart)
Die Verwendung bestimmter Materialien beeinflusst das Raumerlebnis, so kennt man es seit Jahren. Vielfach wählen Architekten konkrete Werkstoffklassen zur Umsetzung ihrer Projekte, kann man doch auf die gelebten Erfahrungen von Nutzern zurückgreifen. Doch durch Entwicklung neuer Bearbeitung- und Verarbeitungsmethoden sowie unter Verwendung so genannter „Smart Materials“ verändert sich die Wahrnehmung für Materialität ganz erheblich. Neue Funktionalitäten für Oberflächen kommen hinzu, die das Raumerlebnis, Licht und Schatten, Transparenz und Haptik deutlich verändern können.
So sind es vor allem einige Innovationstreiber in Sachen Glas, die in der letzten Zeit mit hochspannenden Entwicklungen auf den Markt gekommen sind. An erster Stelle ist sicherlich der Glasspezialist Schott zu nennen. Glasflächen in der Küche und Bad können mittlerweile in einer Form ausgeführt werden, dass sie die Anmutung und den Look von Edelstahl verkörpern oder mit Keramik oder Edelmetallen wie Gold bedruckt werden können.
Der Glasdruck ist dabei nichts Neues. Dass die Bedruckung jedoch kratzfest ist und hochtemperaturbeständig ist relativ neu und geht auf die Verwendung keramischer Tinten zurück, die mit einer Druckauflösung von bis zu 1.024 dpi aufgebracht werden können, um sie im Anschluss bei hohen Temperaturen einzubrennen. Selbst fotorealistische Drucke als auch transluzente, opake oder mehrschichtige Drucke ist möglich.
Für Architekten ist zudem interessant, dass der Glasveredler sedak das UV-beständige Beschichten von Glas mit keramischen Tinten auch im Großformat mit einer Länge von bis zu 20 Metern anbietet. Das Glas kann im Anschluss sogar thermisch gebogen werden, um besondere Raumwirkungen auch für ikonische Bauwerke oder im Schiffsbau erzeugen zu können. Selbst elektrische Schaltkreise und Sensoren lassen sich mittlerweile auf Glasflächen applizieren, so dass neben dem Gestaltungsanspruch digitale Systeme durch Berühren oder Annäherung gesteuert werden können.
Dass sich aus dem 3D-Druck auch Perspektiven für die Gestaltung und das Raumempfinden ergeben, haben einige Unternehmen erkannt und bauen derzeit KnowHow in diesem Bereich auf. So verfolgt der Chemieriese BASF mit seiner in 2017 gegründeten Tochter BASF 3D Printing Solutions unter anderem das Ziel, additive Fertigungsverfahren für die Fassade zu qualifizieren und Demonstrationsobjekte zu realisieren. In einem Vorhaben kooperiert BASF 3D Printing Solutions mit dem Glastechnikspezialisten Okalux, um 3D-gedruckte lamellenförmige Kunststoffelemente zur Steuerung der Transparenz, Lichtlenkung oder -reflektion in Doppelverglasungen zu integrieren.
Einen anderen Weg zur Realisierung eines Verschattungssystems ging man an der Kunsthochschule Weißensee in Berlin. Im Entwicklungsprojekt „Adaptex“ wurden in Kooperation mit dem Fassadenspezialisten Carl Stahl, dem Priedemann Facade-Lab und dem Fraunhofer IWU Lösungen für textilen Sonnenschutz mit Formgedächtnislegierungen (FGL) zur Anwendung in intelligent-adaptiven Gebäudehüllen realisiert. FGL sind in Drahtform, als Bänder oder dünne Bleche am Markt erhältlich und können unter Temperatureinfluss die Form verändern. Unter ihrem Einsatz ließen sich bestimmte Eigenschaften einer Fassade wie Lichttransmission und -reflexion verändern und digital steuern. Bei Überschreiten einer Aktivierungstemperatur zieht sich der FGL-Draht zusammen und sorgt so für die Veränderung der Lichtdurchlässigkeit. Im Vorhaben wurden zwei Konzepte eines textilen Verschattungssystems entwickelt und Demonstratoren realisiert.
Den vollständigen Artikel findet man in der Novemberausgabe 2021 des md Magazins.
Bild: Adaptex – Textiles Sonnenschutzsystem mit Formgedächtnislegierungen (Quelle: Kunsthochschule Berlin-Weißensee)
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