Bambus und Banane
Nachhaltige Materialien für die Möbelbranche
dds – Das Magazin für Möbel und Ausbau
August 2011
Verlag
Konradin Medien (Stuttgart)

Im letzten Jahr gab es nach dem Ende der Wirtschaftskrise und der Konjunkturbelebung erste Engpässe bei der Beschaffung von Werkstoffen. Hochleistungskunststoffe für den Fahrzeugbau waren ebenso schwer zu bekommen wie „seltene Erden“ für Hochtechnologieentwicklungen im Bereich erneuerbarer Energien.
Aus Pilz, Mais und Bambus
Durch das weitere Anwachsen der Bevölkerung und die zunehmende Industrialisierung in den Schwellenländern stehen wir kurz vor einem Wandel unserer Material- und Produktkultur. Auf Erdöl basierende petrochemisch erzeugte Werkstoffe werden bald schon ihre Bedeutung verloren haben.
Schaumstoffe, die aus Pilzen wachsen; Pelztextilien aus dem Zellgewebe des Kuhmagens, Dämmstoffe aus der Rohrkolbenpflanze und Verkleidungspaneele aus Kokosnussmosaiken. Die Reaktionen auf diesen Sachverhalt sind bemerkenswert.
Können wir in den letzten Jahren schon eine Rückbesinnung auf natürliche Materialien ausmachen, versuchen einige Hersteller und Entwickler, organische Wachstumsprozesse zu kopieren und Werkstoffe sowie Produkte mit Bakterien und Pilzen zu erzeugen.
EcoCradle
Pilzschaumstoff für Interior und Design: www.ecovativedesign.com
Mit einem ungewöhnlichen Herstellungsprozess ist Ecovative Design aus New York angetreten, insbesondere den Schaumstoffmarkt zu revolutionieren. Für die Produktion werden die Myzelfäden von Pilzen genutzt, die das Material wachsen lassen. Organischer Abfall wie die Schalen von Getreide, Reis oder Nüssen werden von mikroskopisch kleinen Fäden umsponnen bis ein Hartschaumstoff entsteht.
Ekobe Coconut Tiles
Mosaike aus Kokosnussstücken: www.decor-pietra.de
Coconut Tiles bestehen aus quadratischen Stücken der Kokosnuss. Das Holz der Nüsse ist hochfest und mit seiner besonderen Ästhetik vor allem geeignet für den Innenausbau von Büros oder Küchen. Die Nutzung in Fußböden sollten nur mittelstark frequentierte Flächen ausgewählt werden. Für den Verbau in Bädern werden die Kokosmosaike mit einer Beschichtung aus Öl oder Wachs vor der Feuchtigkeit geschützt.
BananaPlac
Bananenstaudenfaserlaminat: www.barkcloth.de
Als Resultat eines studentischen Projekts der Universität Rio de Janeiro wird Fasermaterial von Bananenstauden in thermisch formbaren Platten verarbeitet. Die Fasern sind fest in pflanzlichem Polyurethan als Matrixmaterial gebunden.
Seit einigen Monaten ist es mit seiner natürlichen Haptik beim Rindentucherzeuger Barkcloth in Europa erhältlich. Unter der Marke VegaPlac baut dieser seine Angebote für in Manufaktur erzeugte Materialien weiter aus.
Maize Cob Board
Holzverbundplatte mit organischen Reststoffen: www.wood-kplus.at
Unter dem „Maize Cob Board“ verstehen die Entwickler aus Österreich einen neuen Holzwerkstoff für Leichtbauanwendungen, der im Kern aus Maisspindeln besteht. Die schwammartige Struktur verfügt über eine hohe Druckfestigkeit in axialer Richtung, so dass das Sandwichmaterial selbst für das Bauwesen in Frage kommt. Es hat lediglich eine Dichte von 180-200 kg/dm3 und wegen der eingeschlossenen Luftkammern eine hohe Wärmedämmung.
Rumen Leather
Pelztextil aus dem Zellgewebe des Kuhmagens: www.mandydenelzen.com
Die niederländische Designerin Mandy den Elzen macht Rumen Leather mal wieder durch die Verwendung eines ungewöhnlichen Materials von sich Reden. Nachdem sie im Sommer 2010 Algenfasern nutze zur Verstärkung von Polymerbauteilen, nutzt sie nun das Gewebe von Kuhmagen, um daraus pelzähnliche Textilien zu erzeugen. Die Stücke haben Formate von bis zu 400 x 500 mm und sind bis zu 3 mm dick.
BioCouture
Textilien aus Bakterienzellulose
Die Zellulosefaser ist eines der wichtigsten Fasermaterialien der Textilindustrie. An der Central Saint Martins University of Arts in London untersucht Suzanne Lee derzeit, wie Mikroben durch Fermentation auf bakterielle Weise Zellulose spinnen und ganze Kleidungsstücke organisch wachsen lassen können. Die Bakterien werden mit Zucker gefüttert und erzeugen innerhalb von 2-3 Wochen ein gel-artiges Flächentextil mit einer Dicke von bis zu 1,5 cm.
Zelfo
Zellulosekunststoff ohne Bindemittel: www.zelfo-technology.com
Zelfo ist ein Kunststoffprodukt, das zu 100 % aus natürlichen Zellulosefasern besteht und auf Altpapier zurückgeht. Es wird ohne jeglichen Zusatz bzw. Bindemittel hergestellt und kann sowohl durch Spritzgießen, Extrudieren und Formpressen verarbeitet werden. Neben der geringen Umweltbelastung ist vor allem das im Vergleich zu konventionellen Kunststoffen geringe Gewicht auffallend. Durch Wahl des Faserwerkstoffs und der Werkstoffdicke lassen sich auch lichtdurchlässige Varianten erzeugen.
Bambushartfasermaterialien
Hochfeste Baumaterialien aus Bambusfasern: www.bambushandel-conbam.de
Materialien aus Bambushartfasern sind eine Innovation im Bereich der nachhaltigen Bauwerkstoffe. Denn sie bestehen aus Reststoffen und kommen als Ersatzmaterial für Vollholz zur Anwendung. Die Bambusstreifen werden im Herstellungsprozess zerquetscht und die Fasern unter sehr hohem Druck mit Phenolharz (Gewichtsanteil: 20-30%) verpresst. Das entstehende Baumaterial hat eine ausreichende Festigkeit zur Verwendung als Verkleidungsmaterial in Boden, Wand und Decke.
Lifocork
Kork-Biokomposit: www.mueller-kunststoffe.com
Cork-Plastic-Composites CPC sind eine neue Materialgruppe, die aus Korkpartikeln und einem thermoplastischen Kunststoff wie PVC-P, TPU oder TPE als Matrixmaterial bestehen. Einzug haben CPC bereits gefunden in den Möbelbau sowie in den Deko- oder Haushaltsartikelbereich. Üblicherweise werden Kork-Biokomposite in Spritzguss oder Extrusion verarbeitet. Kombinationen aus harten und weichen Produktbereichen sind durch Zweikomponentenspritzgießen möglich. In geschäumter Form finden CPC Verwendung in Orthopädieprodukten.
Bild: Kork-Biokomposit (Quelle: Mueller Kunststoffe)
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