Mikroalgen Proteine Fraunhofer IGB

FutureProteins

Nachhaltige Produktion hochwertiger Lebensmittelproteine

7. April 2021

Proteine sind lebensnotwendig. Sie könnten allerdings zur Mangelware in der globalen Nahrungsmittelversorgung werden. Gründe dafür sind extreme Wetterlagen als Ergebnis des Klimawandels sowie Belastungen von Böden und Gewässern aufgrund des Einsatzes von Pestiziden und Düngemitteln. Ein Lösungsansatz für diese Herausforderung liegt in der Erschließung neuartiger Proteinquellen als nachhaltige und massentaugliche Alternative zu tierischen Nahrungsmitteln. Im Leitprojekt „FutureProteins“ entwickeln sechs Fraunhofer-Institute neue Anbausysteme und Prozesse, mit denen nährstoffreiche Proteine aus ausgewählten Pflanzen, Insekten, Pilzen und Algen gewonnen und für neue Produkte genutzt werden können.

Bioreaktoren für Pilze & Photobioreaktoren für Algen

Seit langem raten Experten dazu, auf neue, alternative Proteinquellen umzusteigen, nicht nur um den Konsum tierischer Nahrungsmittel zu reduzieren bzw. diese zu ersetzen, sondern auch um zur Nachhaltigkeit beizutragen. Damit solche alternativen Quellen erschlossen und ihre Potenziale in der Lebensmittelindustrie bestmöglich ausgeschöpft werden können, bedarf es neuer Agrarsysteme zur nachhaltigen Produktion sowie der effizienten Nutzung und Verwertung von Nebenprodukten und Reststoffen.

Das Leitprojekt „FutureProteins“ kombiniert die Herstellung alternativer Proteinquellen in geschlossenen Agrarsystemen mit einer integrierten Nutzung aller Nebenströme zur Herstellung weiterer Proteinrohstoffe. Als alternative Proteinquellen dienen hierbei bestimmte Pflanzen (Kartoffeln, Weizengras, Luzerne), Insekten (Mehlwürmer, Soldatenfliege), filamentöse Pilze sowie Mikroalgen. Sie enthalten allesamt ein für die menschliche Ernährung hochwertiges Aminosäureprofil sowie gute Anwendungseigenschaften, wodurch sie für die Lebensmittelindustrie sehr attraktiv sind.

Ein Manko, insbesondere bei einigen Pflanzenproteinen, ist der inhaltsstoffbedingte bittere Geschmack oder störende Aromaeindrücke: So hat beispielsweise Kartoffelprotein sehr gute gelbildende Eigenschaften, die sich bestens für die Herstellung pflanzlicher Fleischalternativen eignen, ist jedoch aufgrund des bitter schmeckenden Inhaltsstoffs Solanin für die Verwendung in der Nahrungsmittelindustrie ungeeignet. Im Projekt werden Arbeiten zur Vermeidung dieser Inhaltsstoffe durchgeführt.

Im Mittelpunkt von „FutureProteins“ stehen vier geschlossene Anbausysteme: Vertical Farming für Pflanzen, Insect Farming für Insekten, Bioreaktoren für Pilze sowie Photobioreaktoren für Algen. Der große Vorteil hierbei ist, dass die jeweiligen Proteinquellen ganzjährig, klimaunabhängig und dadurch mit hoher Effizienz und Resilienz angebaut werden können. Darüber hinaus sind die geschlossenen Systeme im Vergleich zu herkömmlichen Anbauprozessen eine äußerst ressourcenschonende Methode: Vertical Farming benötigt lediglich 5 Prozent des Wassers und 50 Prozent weniger Dünger, während auf Pestizide gänzlich verzichtet wird.

Damit das zukunftsorientierte Vertical Farming hinsichtlich Energie- und Kosteneffizienz noch weiter optimiert werden kann, entwickelt das Leitprojekt ein hybrides Beleuchtungssystem für Pflanzen, das Sonnen- und LED‑Licht dynamisch und wellenlängenspezifisch miteinander kombiniert. Licht spielt auch eine wichtige Rolle bei der Algenkultivierung in den Photobioreaktoren, wo die Lichtausbeute mittels künstlicher Beleuchtung, KI‑basierter Steuerung und Automatisierung optimiert wird. Beim Insect Farming stellt die Vermeidung von Kontaminationen mit Insektenpathogenen die größte Herausforderung dar, um auf den Einsatz von Antibiotika und Pestiziden verzichten zu können. Im Zuge dessen wird erstmals ein geeignetes Überwachungssystem entwickelt, mit dem Insektenfarmen vor Infektionskrankheiten geschützt werden können. Bei der Kultivierung filamentöser Pilze als Proteinquelle besteht die entscheidende Aufgabe darin, kostengünstige Nährmedien für die Pilze bereitzustellen.

Ein weiterer wichtiger Bestandteil von „FutureProteins“ ist die Nutzung von Energie-, Abfall- und Abwasserströmen aus den vier genutzten Anbausystemen und den jeweiligen Aufarbeitungsprozessen. Dadurch sollen geschlossene, kosteneffiziente und ressourcenschonende Kreisläufe entlang der Wertschöpfung geschaffen werden. Auch hier steht das Vertical Farming im Vordergrund: Neben der Herstellung von pflanzlichen Proteinzutaten werden alle anderen Pflanzenteile als Substrat für die Kultivierung von Insekten, Pilzen und Algen verwendet, während die Abwärme etwa für die Klimatisierung der Insekten genutzt werden kann.

Zu guter Letzt werden die neuen Proteinquellen und ihre sensorischen und funktionellen Eigenschaften für ein breites Applikationsspektrum in der Lebensmittelindustrie optimiert und veredelt. Hierbei werden Rezepturen für Nahrungsmittel mit verbessertem ernährungsphysiologischem Profil entwickelt sowie die Verbraucherakzeptanz und Nachhaltigkeitsfaktoren bewertet.

Das Fraunhofer‑Leitprojekt ist auf eine Laufzeit von vier Jahren angelegt. Das Projekt hat Fraunhofer‑intern eine hohe Relevanz für die Forschungsfelder „Bioökonomie“ sowie „Ressourceneffizienz und Klimatechnologie“ und für den Leitmarkt „Ernährungswirtschaft“. Das ambitionierte „FutureProteins“‑Projektziel ist ein neuartiger und besonders nachhaltiger Ansatz, basierend auf dem globalen Bedarf, der die Grundlage für neue Entwicklungsvorhaben und für eine zukünftige Technologieführerschaft von Fraunhofer im Agrar- und Lebensmittelsektor bildet.

Die Federführung in dem vierjährigen Leitprojekt „Futureproteins“ hat das Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Oekologie (IME) aus Schmallenberg übernommen. Außerdem sind folgende Institute dabei:

Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV
Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB
Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung IOSB
Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU
Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT

Bild: Wertstoffe aus Algenbiomasse (Quelle: Fraunhofer IGB)