Materialien für die generative Fertigung

Rapid Technologies für den Massenmarkt

Design Report
1-2013


Verlag

Konradin Medien (Stuttgart)

Es zischte in den kleinen Boxen, Luft entwich den pneumatischen Systemen, während die Druckerköpfe von rechts nach rechts schwirrten und wieder zurück schnellten. Ende November war es mal wieder soweit: Die Euromold in Frankfurt öffnete ihre Pforten. Als anerkannte Leitmesse für generative Techniken, Produktentwicklung und den Werkzeug- und Formenbau zeigten die Hersteller die neusten Technologien zur generativen Erzeugung von Formteilen.

„Schicht für Schicht“ konnte man die Anlagen, Fabber und 3D-Drucker bei der Realisierung der Entwürfe, Visionen und Träume der Designer beobachten, vom Schuh und Schmuckstück über den Gitarrenrumpf mit komplexer Geometrie bis hin zu Bauteilen aus metallischen und keramischen Werkstoffen. Die direkte Fertigung von Produkten mit generativen Techniken und Druckverfahren auf Basis von CAD-Daten scheint immer mehr zur Realität zu werden, in Werkstatt, im Büro, im privaten Umfeld…

Vor allem der Anlagenanbieter 3D Systems bereitet sich derzeit auf einen sich entwickelnden Massenmarkt vor. So wurde an einer Café-Bar der wie eine Espresso-Maschine wirkende 3D-Drucker CUBE präsentiert und zu einem besonders niedrigen Preis veräußert. Im angeschlossenen CUBE-Shop konnten zudem Produkte in den schrillsten Farben erstanden werden, die aufgrund ihrer linienrauhen Oberflächenstruktur aus den 3D-Printern massenhaft hervorgegangen sein mussten.

Sogar der begrenzte Bauraum und zyklische Fertigungsprozess als Gründe für die beschränkten Möglichkeiten im Kontext der Massenproduktion wird nun angegangen. So präsentierte voxeljet mit dem 3D-Drucker VXC800 die erste kontinuierlich arbeitende Anlage. Möglich wird der Entwicklungssprung durch einen neuartigen Aufbau mit einem horizontal liegenden Förderband, der den Schichtaufbau koordiniert. Am Eingang des Bandes wird Schicht für Schicht Material aufgetragen, an der anderes Seite der Anlage kann das fertige Bauteil dann entnommen werden. Die Formatlänge ist bei dem Anlagenprinzip nahezu unbegrenzt möglich.

In die Mikroebene weist die Entwicklung eines 3D-Drucker an der TU Wien, der die Abmaße einer Milchverpackung aufweist. Dieser soll nur € 1000 kosten und unter Verwendung eines flüssigen Harzes arbeiten, das durch Licht von Leuchtdioden mit hoher Intensität gehärtet wird. Die Dicken der einzelnen Schichten beim Bauteilaufbau betragen lediglich 0,05 Millimeter, so dass selbst Miniaturteile (z.B. für Hörgeräte) mit hoher Präzision möglich erscheinen. Wissenschaftler der TU Wien sind im Frühjahr 2012 ebenfalls damit aufgefallen, Strukturen in Nanodimension mit einem 3D-Drucker umzusetzen und die Potenziale für eine breite Verwendung der Rapid Technologies enorm zu erweitern.

Die Entwicklung generativer Techniken von einer Nischentechnologie für den Prototypenbau komplexer Geometrien hin zu einer Technologie für die Massenproduktion individualisierter Produkte geht mit einigen neuen Materialien einher, die die Möglichkeiten für die Produktproduktion enorm erweitern und auch den Wunsch nach mehr Nachhaltigkeit unserer Produktwelt berührt. So setzt Makerbot beim Replicator 2 primär auf die Verwendung des biologisch abbaubaren Biokunststoffs PLA (Polymilchsäure) als Druckmaterial. Das meist verwendete ABS soll nur noch als Zweitmaterial die Formteilerstellung unterstützen.

Beim für seine Lasersinteranlagen bekannten Technologieführer EOS aus München konnte man auf der Euromold gleich drei neue interessante Kunststoff-Werkstoffe entdecken. Dabei standen die ökologische Verträglichkeit sowie Ressourceneffizienz im Mittelpunkt der Entwicklung. Das neue Materialangebot PA 1101 ist ein naturfarbenes Polyamid 11 und wird auf Basis nachwachsender Rohstoffe hergestellt. Er weist eine vorteilhafte Ökobilanz auf, hat eine hohe Bruchdehnung und Schlagfestigkeit und eignet sich mit seinem Eigenschaftsprofil insbesondere für die Umsetzung von Funktionselementen wie Filmscharniere oder schlagbeanspruchten Bauteilen. Bei der Herstellung des neuen Werkstoffs PrimePart PLUS PA 2221 setzt EOS einen Großteil recyclierten Materials ein. Der Werkstoff benötigt lediglich einen Neupulveranteil von lediglich 30 % und ermöglicht damit einen Pulverkreislauf mit niedrigen Restmengen. Ein weiteres Werkstoffangebot von EOS ermöglicht dem Produktentwickler die Umsetzung flexibler Formteile. PrimePart ST ist ein thermoplastisches Elastomer auf Basis von Polyether Block-Amid PEBA. Designer sind damit erstmals in der Lage elastische Verbindungselemente, Dichtungen oder Puffer generativ durch Lasersintern herzustellen.

Trotz der Vorteile generativer Technologien zur Herstellung komplexer Geometrien und der vielfältigen neuen Materialien, die auch die Entwicklung keramischer und metallischer Werkstoffe einschließen, sind manchmal Stützkonstruktionen im Inneren der Formteile notwendig. Diese sorgen für die Einhaltung der Toleranzen, verhindern ein Absinken von Geometrieelementen und werden nach Beendigung des Prozesses ausgewaschen. Üblicherweise kommen wasserlösliche Kunststoffe wie Polyvinylalkohol PVOH zum Einsatz. Diese sind allerdings nur bis etwa 80 °C temperaturbeständig, was sich bei bestimmten Anwendungen nachteilig auswirken kann. Vorteile bietet hier der ja nach Einstellung in Wasser sowie in Lauge lösliche Kunststoff Belland, der bis zu einer Temperatur von 130 °C formstabil bleibt.

www.3dsystems.com
www.voxeljet.com
www.tuwien.ac.at
www.makerbot.com
www.eos.info
www.bellandtechnology.de

Bild: MakerBot verarbeitet PLA Biokunststoff (Quelle: MakerBot)