Fleisch aus der Petrischale
In-vitro Fleisch wird kommerzialisiert
Design Report
4-2016
Verlag
Rat für Formgebung Medien (Frankfurt)

Im August 2013 servierte Mark Post den bis dato teuersten Burger der Welt in London. Vor staunenden Kollegen und dutzenden Journalisten kredenzte der Biomediziner, Professor an der University of Maastricht, den ersten im Labor gezüchteten Hackfleisch-Patty. Eine absolute Sensation, schließlich musste für das rund 100 Gramm schwere und 290.000 Euro teure Stück Rindfleisch kein Tier geschlachtet werden. Grundlage sind stattdessen Muskelzellen, die einem lebenden Rind entnommen und anschließend auf einem mit Nährstoffen angereichten Kollagen-Kulturboden vermehrt werden.
Biotechnologisches Züchten von Muskelzellen
„Tissue Engineering“ nennt sich dieses biotechnologische Verfahren, das sich bereits für das Züchten von Hauttransplantaten für Verbrennungsopfer in der Medizin bewährt hat. Anders als Pflanzenzellen sind tierische Zellen jedoch weitaus schwieriger zu kultivieren. Neben einer ausgeklügelten Zusammensetzung von Nährstoffen und Mineralien benötigen Muskelzellen schwache aber regelmäßige Stromstimulationen zum Wachsen. Mit der Zeit bildet sich aus winzigen Fasern eine dünne Schicht in der Petrischale aus. Rund 20.000 Fasern werden für ein Burger-Patty benötigt. Im Anschluss werden die dünnen Membranen mit Safran und Rote-Beete-Saft eingefärbt und mit Fett angereichert. Es entsteht eine Masse, die Hackfleisch recht nahe kommt.
Das US-amerikanische Start-Up Memphis Meats, dessen Mitbegründer Uma Valeti die Kommerzialisierung von In-vitro Fleisch vorantreiben will, hat das Verfahren bereits optimieren können und präsentierte Anfang dieses Jahres ein gezüchtetes Hackfleischbällchen. Bei einem aktuellen Grammpreis von circa 36 Euro kostete der kleine Leckerbissen aus der Petrischale knapp 985 Euro. Auch wenn durch weitere Produktionsoptimierung ein Grammpreis von 4,5 Euro erreicht werden kann, sieht Valeti seine Fleischbällchen jedoch eher als Luxusprodukt.
Wissenschaftler Post gibt sich optimistischer; vor allem wenn der Energieverbrauch gedrosselt würde, stünde der Serienproduktion nichts mehr im Wege. In-vitro Fleisch könnte eine klimafreundliche Lösung für den steigenden Fleischkonsum bieten. Die Fleischproduktion im Labor würde die Ressourcen schonen. Denn weniger Nutztiere würden auch weniger landwirtschaftliche Fläche in Anspruch nehmen und weniger klimaschädliche Gase wie Methan emittieren.
Um den steigenden Welthunger zu stillen, gibt es weitere unorthodoxe Ansätze. Die Hallenserin Carolin Schulze nutzt beispielsweise die gelierende Wirkung von Chitin aus dem Exoskelett von Mehlwürmern, um Kartoffelbrei 3D zu drucken. Mit ihrem Projekt „Bugs’ Bunny – Falscher Hase“ ist sie die Gewinnerin des diesjährigen Ecodesign Preises. Einen anderen Ansatz verfolgt die Firma Omikenshi. Aufgrund gelockerter Lebensmittelbestimmungen in Japan produziert die ursprünglich im Textilbereich ansässige Firma extrem kalorienarme Nudeln auf Basis von eigentlich ungenießbarer Zellulose und der geschmacksgebenden Konjak-Wurzel.
www.maastrichtuniversity.nl
www.memphismeats.com
www.freyhaendig.de
Bild: Erstes In-Vitro erzeugtes Hackbällchen der Welt (Quelle: University of Maastricht)
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