LastPass - Selbst reparierender smarter Antrieb

Verschleißkompensation für Kugelgewindetriebe mittels FGL-Aktorik

31. März 2016

Die Forderung nach gesteigerter Qualität, Produktivität und Verfügbarkeit von Werkzeugmaschinen führt zu einem Zielkonflikt. Als einer der wichtigsten Antriebssysteme erhält der Kugelgewindetrieb in diesem Zusammenhang eine hohe Bedeutung. Vor allem die Verringerung des Verschleißes an dem Maschinenelement ist daher immer häufiger Gegenstand von Forschungsarbeiten. Jüngst wurde im Projekt „LastPass“ am Fraunhofer IWU in Dresden in Kooperation mit Industriepartnern ein Kugelgewindetrieb entwickelt, der mithilfe eines Formgedächtnisaktors eigenständig einer Verschleiß- und Materialermüdung entgegenwirkt. Die Lebensdauer und Präzision des Antriebs konnte mit dieser smarten Lösung dauerhaft gesteigert werden.

Vorspannung wurde um bis zu 60% erhöht

Bei Kugelgewindetrieben bewegen sich zwischen Spindel und Mutter in Laufrillen Kugeln, die beim Drehen der Spindel entlang der Achse wandern. Im Rückführkanal der Spindelmutter werden die Kugeln wieder zurückgeführt. Der Kreislauf kann von neuem beginnen. Auf diese Weise werden Rotationen in geradlinige Bewegungen umgewandelt. Die Vorteile von Kugelgewindetrieben liegen im sehr guten Wirkungsgrad und der hohen Energieeffizienz. Durch die Kraftübertragung mit Kugeln kann die nötige Antriebsleistung um etwa zwei Drittel reduziert werden. Darüber hinaus weisen die Laufbahnen einen geringen Verschleiß auf. Ist ein Kugelgewindetrieb trotzdem einmal defekt, kann sich der Reparaturaufwand schnell auf mehrere zehntausend Euro belaufen. Insbesondere wenn dieser im laufenden Betrieb ausfällt, können weitere Maschinenkomponenten beschädigt werden.

Für eine möglichst präzise Positionierung des Antriebs, wird in aller Regel eine hohe mechanische Vorspannung eingestellt, das Spiel zwischen Spindel und Mutter auf nur wenige Mikrometer reduziert. Dies kann die Reibung steigern und den Verschleiß erhöhen. Als Resultat vergrößert sich das Spiel zwischen Mutter und Spindel erneut, wodurch die Vorspannung und damit die Bearbeitungsgenauigkeit der Werkzeugmaschine dauerhaft absinken. Als Resultat muss die Vorspannung neu eingestellt oder der Kugelgewindetrieb austauscht werden.

Wissenschaftlern des Fraunhofer-Instituts für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU ist es gelungen, Formgedächtnisaktoren in einen Kugelgewindetrieb zu integrieren. Dieser „smarte Antrieb“ variiert seine Vorspannung eigenständig, indem er zur Aktivierung der eingesetzten Aktorik die zwischen den Wälzkontakten entstehende Wärme nutzt. Formgedächtnislegierungen besitzen die Fähigkeit, nach einer mechanischen Verformung und anschließenden Erwärmung in eine definierte Ausgangsform zurückzukehren. Auf diese Weise können sie zur Realisierung aktorischer Funktionen eingesetzt werden.

„Um die Vorspannung zu variieren, haben wir ein ringförmiges Aktorelement zwischen die zwei Teilmuttern integriert“, erklärt Tom Junker vom Fraunhofer IWU. „Durch die Reibungswärme dehnen sich die Formgedächtnisaktoren bis zu einem voreingestellten Grad und erhöhen damit die Vorspannkraft dauerhaft.“ Diese Dehnung bleibt nach einer einmaligen Aktivierung erhalten und bedarf keiner weiteren Energiezufuhr. In ersten Versuchen konnte die Vorspannung um durchschnittlich bis zu 60 Prozent erhöht werden.

Detailinformationen und Kontakt unter: www.iwu.fraunhofer.de

Weitere Vorhaben mit Formgedächtnislegierungen unter: www.smarthoch3.de

Bildquelle: Fraunhofer IWU