Sekundenkleber aus der Natur

Eingeschlossene Flüssigkeitströpfchen ändern die Farbe fester Materialien

24. November 2017

Aristoteles soll bereits gesagt haben: „Die Natur macht nichts vergeblich“. Das sehen viele Wissenschaftler ähnlich und entschlüsseln stetig neue Mechanismen und Materialien aus der Natur. Eine interdisziplinäre Forschergruppe der Universität Kassel und des Max-Planck-Instituts für Kolloid- und Grenzflächenforschung in Potsdam hat in den letzten Jahren das Schleimsekret eines australischen Stummelfüßers untersucht und dabei Erstaunliches entdeckt.

Durch Bewegung steifen die Fäden aus

Die unscheinbaren Tieren sehen aus wie eine Mischung aus Wurm und Schnecke mit winzigen Füßen. Um sich vor Fressfeinden zu schützen und Beute zu erlegen, bespritzen sie ihr gegenüber mit einem klebrigen Sekret aus zwei Öffnungen am Kopf. Das Besondere an der klebrigen Waffe ist die einzigartige Eigenschaft, dass erst durch die Bewegungen der Beute Scherkräfte im Material wirken und es anschließend zu einer Aushärtung kommt. Der Schleim besteht aus großen Proteinmolekülen und Fettsäuren, die sich zu winzigen Kügelchen im Nanobereich formen. Etwa 75 Nanometer sind diese Kügelchen groß und werden von den winzigen Kreaturen neben anderen Bestandteilen separat produziert.

Die Wissenschaftler reden in diesem Zusammenhang von Globuli, die einen Durchmesser von etwa 75 nm aufweisen. Versucht sich das Beutetier aus der klebrigen Falle zu winden, werden die Globuli auseinandergerissen, es trennen sich Proteine und Fettsäuren voneinander. „Während Proteine sich im Inneren des Schleimfadens zu langen Fasern formieren, werden die Fett- und Wassermoleküle nach außen verdrängt und bilden dort eine Art Ummantelung“, erläutert Alexander Bär von der Universität Kassel. Das Material ist nicht nur ähnlich fest wie Nylon, sondern in Wasser reversibel. Wird der getrocknete Schleim in Wasser gelöst, bilden sich erneut die Eiweiß-Fett-Kügelchen. Größe und Wirkungsweise sind auch in Folge gleichzusetzen mit dem ursprünglichen Sekret.

Mit der Entdeckung dieses wiederverwendbaren tierischen Klebers erhoffen sich die Wissenschaftler neue Erkenntnisse für Operationsmaterialien in der Medizin sowie richtungswechselnde Ansätze für eine nachhaltigere Kunststoff- sowie die Klebstoffproduktion. Das nächste Ziel der Forscher ist es, Bio-Sekundenkleber synthetisch nachzubauen.

Ein Forschungsbericht zu den Arbeiten der Wissenschaftler ist in Nature erschienen unter: www.nature.com/articles/s41467-017-01142-x

www.mpikg.mpg.de

Bild: Schleim sprühender Stummelfüßer (Foto: Alexander Bär & Ivo de Sena Oliveira)