UNclean Plastics

UNclean Plastics

Zahnbürsten aus recyceltem Polypropylen

25. Juni 2021

Seit Anfang des Jahres 2020 ist das globale gesellschaftliche Leben allumfassend geprägt von der Covid-19-Pandemie. Die Bekämpfung dieser medizinischen Ausnahmesituation fordert ihre Preise. In der akuten gesundheitlichen Notlage ist höchstmögliche Prävention und Sicherheit zu gewährleisten.

Hohes Aufkommen von Hygieneartikeln aus „unclean plastics“

Damit verbunden, scheint die Einwegnutzung von Hygieneartikeln wie Gesichtsmasken aus Polypropylen alternativlos. So führt deren weltweite Produktion und der Verbrauch auf Grund der derzeitigen Pandemie zu einem zusätzlichen Abfallaufkommen von mehr als 584 Millionen Tonnen pro Jahr.

Dies steht in krassem Gegensatz zu Ideen von Recycling und Plastikmüllreduktion. Die bisherigen Bemühungen, die Verwendung von Einwegprodukten zu minimieren, haben eine geringe Priorität und sind dementsprechend schwerfällig. Angesichts voranschreitender Umweltzerstörung sind sie dennoch notwendig.

Druckmaterial aus kontaminiertem Abfall

Das Projekt „UNclean Plastics“ der beiden Designer Friedrich Gerlach und Felix Stockhausen greift dieses gesellschaftlich hoch relevante Thema auf und fordert eine kritischen-gestalterische Auseinandersetzung mit dem aktuellen Umgang mit Ressourcen ein.

Es konzentriert sich auf die Verbrauchs- und Kreislaufketten von Covid-19-Schutzprodukten wie FFP2-Masken. Ziel war es, neue, auf additiven Fertigungsverfahren basierende Ansätze zu entwickeln. Diese zielen einerseits auf eine verbesserte Aufbereitung nach der Nutzung ab, sowohl die Abfallmengenreduktion als auch das Recycling werden erleichtert.

Anderseits wird eine bewusste gestalterische Intervention angestrebt, um die psychologische Charakteristik der Produkte und damit das Konsumentenverhalten nachhaltig und gemeinwohlorientiert zu beeinflussen.

Dem Ziel widmen sich die beiden Gestalter an der Bauhaus-Universität in Weimar im Projekt „UNclean Plastics“ durch nähere Untersuchung verschiedener Extrusionsverfahren. In diesem Zuge wurde die Herstellung von konsistentem 3D-druckbarem Filament angestrebt.

Verschiedene Filamente mit unterschiedlichen Verhältnissen von recyceltem Polypropylen aus gebrauchten oder bei der Produktion aussortierter Masken und reinem Polypropylen wurden getestet und für den 3D-Druck verwendet. Der Erwärmungssprozess stellt sicher, dass mögliche Covid-19 Viren abgetötet werden und ein dekontaminiertes Material weiterverwendet wird.

Ein symbolisches Ergebnis des Projekts stellt die Entwicklung einer Monomaterial-Zahnbürste dar, welche additiv aus recyceltem Polypropylen produziert werden kann. Sie wird in einem Stück, einschließlich der Borsten, auf einem herkömmlichen FDM-Drucker gedruckt.

Die Verwendung des 3D-Drucks ermöglicht die Realisierung zweier entscheidender Charakteristiken: Feste Formen und flexible faserartige Strukturen. Das erfolgreiche Arbeiten mit 3D-Druck, einem recht komplizierten und schwierigem Verfahren, zeigt die Eignung des Materials auch für andere Fertigungsverfahren.

Die Herstellung eines alltäglichen Produktes, wie einer Zahnbürste aus recycelten Gesichtsmasken wurde bewusst gewählt, um einen starken Kontrast zwischen kontaminiertem Abfall und einem Hygieneprodukt als Ergebnis des Recycling-Prozesses zu schaffen. Die Konfrontation regt eine Debatte über Sauberkeit und Ekel an und soll das Verbraucherbewusstsein für die Nutzung und den Wert von Ressourcen stärken.

www.friedrichgerlach.de

Bilderquelle: Friedrich Gerlach, Felix Stockhausen