
Kunststoffe aus der Chicoréewurzel
Salatabfälle als Grundlage für Basischemikalien
21. Oktober 2017
Bei der Ernte von Chicorée-Salat werden die Wurzelrüben abgetrennt und landen als landwirtschaftliches Abfallprodukt in der Kompostierungsanlage oder werden in Biogas überführt. Alleine in Europa fallen Jahr für Jahr rund 800.000 Tonnen der wertvollen Rüben an. Denn sie enthalten Inhaltsstoffe, die für die Chemieindustrie von großem Interesse sind. Forschern der Universität Hohenheim ist es gelungen, aus den Wurzelrüben Hydroxymethylfurfural HMF zu gewinnen. Dies ist ein Basisstoff für die Kunststoffindustrie, der als Grundlage für Produktion von Polyamiden wie Nylon oder Perlon, für Polyester oder als Alternative für PET verwendet werden kann.
Aus 220.000 Wurzelrüben pro Hektar können bis zu 2,87 Tonnen HMF gewonnen werden
Die Zukunft der Chemieindustrie liegt in der Bioökonomie. Die knapper werdenden Erdölvorkommen haben nicht nur Umwälzungen in der Automobilindustrie zur Folge sondern beschäftigen zunehmend auch die Chemiekonzerne. Man geht heute davon aus, dass 12 Basischemikalien zukünftig die Kunststoffproduktion bestimmen werden. Eine dieser Basischemikalien ist Hydroxymethylfurfural HMF, die bislang aus Erdöl gewonnen wird. Auf der Suche nach nachhaltigen Produktionsmethoden für HMF erschließen Wissenschaftler um Prof. Dr. Andrea Kruse an der Universität Hohenheim neue Rohstoffquellen. So konnte bereits Fructose als ein Ausgangsstoff für die HMF-Gewinnung identifiziert werden. Doch damit würde man in die Nahrungsmittelproduktion eingreifen. Daher intensiviert das Forscherteam seine Arbeiten rund um die Chicorée-Wurzelrübe als Quelle für die wertvolle Basischemikalie.
„Die Wurzelrübe macht etwa 30 % der Pflanze aus. Die eingelagerten Reservekohlenhydrate werden für die Bildung der Salatknospen nicht vollständig aufgebraucht, so dass wertvolle Reservestoffe verbleiben. Die Wurzelrüben können jedoch nur einmal für die Chicorée-Treiberei genutzt werden, fallen nach der Knospenernte als Abfallstoff an und müssen entsorgt werden.“, erklärt Agrarbiologin Dr. Judit Pfenning.
Die Forscher befüllen für ihre Experimente Bleistift-große Rohrreaktoren aus Edelstahl mit Häckseln der Chicorée-Wurzelrübe und Wasser. Die Druckbehälter werden mit verdünnter Säure versetzt und auf Temperaturen um 200 °C erhitzt. Das wässrige Produkt wird in weiteren Schritten aufbereitet. Am Ende des Prozesses erhalten die Wissenschaftler ein gelb bis braun gefärbtes kristallines Pulver: ungereinigtes Hydroxymethylfurfural (HMF). Der Preis der Chemikalien liegt aktuell bei 2.000 Euro je Kilogramm.
Ein weiterer Aspekt macht die Forschungsarbeiten so interessant: „Denn die Chicorée-Wurzelrübe eignet sich nicht nur deshalb so gut zur Gewinnung von HMF, weil sie ein Abfallprodukt ist“, betont Prof. Dr. Kruse. „Sie produziert auch eine höherwertige Chemikalie als das Äquivalent aus Erdöl.“ In Zukunft können Polyethylenfuranat PEF-Flaschen aus Chicorée-HMF dünner gezogen werden, als solche aus Erdöl-PET. Dies würde nicht nur die Umweltbilanz verbessern sondern auch die Transportkosten senken.
Bild: Aus der Chicorée-Wurzel gewinnen die Wissenschaftler HMF, die Grundlage für Nylon, Polyester, Perlon oder Kunststoff-Flaschen (Universität Hohenheim)
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