Schaumstrukturen aus Muschelschalen und Meeresschwämmen

Leichtbaustrukturen durch Biomineralisation von Meeresorganismen

25. Mai 2014

In der Natur haben sich über Millionen von Jahren Aufbauprinzipien bei Pflanzen und Lebewesen ausgebildet, die für Forschung und Industrie große Potenziale zur Entwicklung ressourcenschonender Leichtbaulösungen bieten. Spinnseide oder die gewölbten Strukturen von Schildkrötenpanzern sind einige Beispiele für Konstruktionsformen, die in der Evolution nahezu ein Optimum erreicht haben. Rund um den Globus versuchen Bioniker den Geheimnissen der Natur auf die Schliche zu kommen und die Erfolgsmodelle zu entschlüsseln.

Baupläne von Korallen und mikroskopisch kleinen Meerestieren

Vor allem bei noch wenig untersuchten Strukturen aus den Weltmeeren werden für die Zukunft weitreichende Erkenntnisse vermutet, die für das Bauwesen, die Luftfahrtindustrie und den Automobilbau von großer Bedeutung sein können. Einer der Bioniker, der in letzter Zeit mit einigen herausragenden Erkenntnissen aufwarten konnte, ist Filipe Natalio, der als Juniorprofessor seine am Max-Planck-Institut für Polymerforschung an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz durchgeführten Projekte aktuell an der MLU in Halle weiterverfolgt.

Dort untersucht er Möglichkeiten, die Strukturen von Biomineralen wie Muschelschalen, Meeresschwämme und Korallen für Industrieanwendungen nutzbar zu machen. „Schwämme sind sehr widerstandsfähig und trotzdem beweglich. Sie können Licht leiten und sind Leichtgewichte“, schwärmt der Wissenschaftler von Glasschwämmen, die in einer Tiefe von 5.000 Metern unter dem Meeresspiegel beheimatet sind. Sie bestehen aus nadelförmigen Skelettelementen, die sich nur unter ganz besonderen Umweltbedingungen ausbilden. „Diesen natürlichen Entstehungsprozess haben wir erstmals erfolgreich im Labor nachahmen können“, berichtet Natalio in einem Paper für das renommierte Science Magazin.

Die künstlich erzeugten Nadeln ähnelten äußerlich ihren natürlichen Vorbildern, waren flexibel und erreichten eine um das Dreifache verbesserte Robustheit. Hat sich Natalio in der Vergangenheit vor allem mit der Untersuchung von Schwämmen und Muscheln beschäftigt, so will er zukünftig die Baupläne von Korallen und anderen mikroskopischen Meerestieren entschlüsseln. Anwendungsmöglichkeiten sieht Natalio vor allem im Automobil- bzw. Karosseriebau, in der Architektur und der Medizin. So könnten beispielsweise Implantate und Prothesen nicht nur haltbarer, sondern auch deutlich leichter hergestellt werden können.

www.chemie.uni-halle.de

Bildquelle: Filipe Natalio