Leichtbauplatte mit Popcorn-Kern

Expandierte Maiszellulose für Sandwichplatten mit deutlich verringertem Gewicht

11. Mai 2018

Bereits vor einigen Jahren hat Prof. Alireza Kharazipourdie an der Universität Göttingen eine besonders leichtgewichtige Spanplatte unter Beimischung von Einjahrespflanzen wie Mais und Weizen entwickelt. Ein Team von Wissenschaftlern ist in einem Forschungsvorhaben unter Förderung durch die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. nun weitergegangen und präsentiert eine Sandwichplatte mit einem Kern aus expandiertem Mais, die bei gleichen mechanischen Eigenschaften nur halb so schwer wie konventionelle Spanplatten ist. Mit der Entwicklung spielen die Entwickler den aktuellen Bestrebungen der Holzwerkstoffindustrie in die Karten, Lösungen zum Einsparen der knapper werdender Holzressourcen zu finden.

Biomasse-Granulat bindet Formaldehyd ab Temperaturen von 70 °C

Im Projekt haben die Wissenschaftler zwei unterschiedliche Verfahren getestet. Beim Einschritt-Verfahren wurden Popcorn für den Kern sowie Holzspäne und Holzfasern für die Deckschicht beleimt, dann jeweils gestreut und in einem Zug zu einer Platte verpresst. Im Zweischritt-Verfahren stellten die Forscher zunächst die Popcornverbundplatte her und beplankten sie erst anschließend mit den Deckschichtmaterialien Sperrholz, Dünn-Faser- und Dünn-Spanplatte, Aluminium und Hochdrucklaminat. Zur Verleimung eignete sich eine 4- bis 8-prozentige Beimischung von harnstoffformaldehydbasierten Harzen oder von Methandiisocyanat am besten.

Die Prüfung der fertigen Sandwichplatten bezüglich ihrer mechanischen Kennwerte zeigte, dass sie bei deutlich geringerem Gewicht ähnliche Eigenschaften wie herkömmliche Spanplatten aufwiesen. So erreichten im Einschritt-Verfahren hergestellte Platten bei nur halb so großer Rohdichte die gleichen Biegeeigenschaften wie die Referenz-Spanplatten. Die im Zweischritt-Verfahren hergestellten und mit Sperrholz bzw. mit Aluminium beschichteten Platten waren sogar deutlich tragfähiger als die Referenz.

„Interessant ist die Fähigkeit des Popcorngranulats, Formaldehyd ab Temperaturen von 70 °C zu binden. Dadurch wird das problematische Gas weder bei der Herstellung noch im Gebrauch freigesetzt“, erklärt Professor Kharazipour. Entwicklungsbedarf sieht er noch bei der Ausrüstung gegen hohe Luftfeuchtigkeit und bei der industriellen Herstellung. „Generell ist der popcornbasierte Plattenwerkstoff sehr attraktiv für Unternehmen, da für die Herstellung keine Maschinen umfangreich umgerüstet oder neu angeschafft werden müssen. Die optimalen Verarbeitungsparameter gilt es aber noch herauszufinden“, so Kharazipour.

Mögliche Einsatzfelder für die Platten liegen neben dem Möbelbau, im Messebau und auch in der Wärmedämmung, da das Popcorngranulat eine sehr geringe Wärmeleitfähigkeit aufweist. Wegen der Leichtbauaspekte würden sich die Platten auch für den Automobil- und Schiffsbau eignen. Eine erste Kollektion mit Möbeln aus der Popcornplatte hat die Designerin Carolin Pertsch in Bremen entwickelt. Inspiriert durch das Projekt schuf sie im Rahmen ihrer Masterarbeit verschiedene Möbel, denen man schon von Außen ansieht, dass Popcorn bei der Gestaltung eine gewichtige Rolle gespielt hat.

Forschungsbericht unter: www.fnr.de

Bild: Beschichtete Popcornverbundplatten (Foto: Moira Burnett)