Sirex Bohrsäge für eckige Öffnungen

Pendelhub-Bohrer arbeitet nach dem Vorbild des Lege­sta­chels von Holz- und Schlupf­wespen

30. Dezember 2014

In Kombination von den Fertigungsprinzipien Bohren und Sägen ist es am Stuttgarter Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA gelungen, eine Bohrsäge zur Umsetzung eckiger Löcher zu entwickeln. Die komplexe Mechanik basiert auf dem natürlichen Vorbild des Legestachels von Holz- und Schlupfwespen. Die Technologie soll insbesondere Vorteile in der Medizintechnik bieten.

Keine Hohlräume zwischen Implantat und Knochen

Denn um ein künstliches Hüftgelenk einzusetzen, ist der Chirurg nach wie vor auf seine manuellen Fertigkeiten angewiesen. Er muss ein Loch mit rechteckigem Querschnitt in hoher Präzision in den Oberschenkel des Patienten bohren, so dass keine Hohlräume zwischen Implantat und Knochen entstehen. Dies geschieht in Deutschland im Jahr ungefähr 200.000 Mal. Und so war der Anreiz für die Fraunhofer-Wissenschafter groß genug, nach Alternativen zu suchen. Sie fanden diese bei Holz– und Schlupf­wes­pen, die zur Eiablage ein etwa sechs Zentimeter tiefes Loch in frisches Holz bohren. Der Stachel rotiert dabei nicht sondern wird mit drei sich unab­hän­gig von­ein­an­der bewegenden Ras­peln in den Untergrund getrieben. Die Raspeln sind an einer Leitschiene angeordnet und nehmen nacheinander unterschiedliche Funktionen wie Andrücken, Bewegen und Verhaken in einem Wechselspiel wahr.

Mit dem neuen pneumatisch arbeitenden Pendelhubbohrer können Chirurgen sehr viel schneller und präziser arbeiten als bisher. Die Wissenschafter aus der Abteilung „Biomechatronische Systeme“ folgten bionischen Prinzipien und haben die Wespenbohrtechnik auf das Werkzeug übertragen. Dieses kann neben runden auch Löcher mit drei- oder mehreckigem Querschnitt bei deutlich geringerem Kraftaufwand erzeugen.

Das Serienwerkzeug soll etwa 1,5 Kilogramm wiegen und mit einem markanten Knick gut in der Hand liegen. Bislang gibt es einen Prototypen der Entwicklung, dessen Gestaltung von Kiyo­haru Naka­jima im Rah­men sei­ner Diplom­ar­beit an der Hoch­schule Coburg entwickelt wurde. Der Kopf kann auf einfache Weise ausgetauscht und zerlegt werden. Das Wissenschaftlerteam um Dr. Oli­ver Schwarz gewann im November den Fraunhofer Hans-Jürgen Warnecke Innovationspreis 2014 und wurde mit dem zwei­ten Preis des „Inter­na­tional Bio­nic Award 2014“ ausgezeichnet.

Neben Anwendungen in der Medizintechnik sehen die Wissenschaftler Einsatzmöglichkeiten in der Raumfahrt sowie für Unterwasseranwendungen. Sie suchen aktuell nach Investoren und einem Hersteller.

www.ipa.fraunhofer.de

Bild: Das Funk­ti­ons­prin­zip des Boh­rers basiert auf dem Pendelhub-Prinzip des Lege­sta­chels einer Holz­wespe (Design: Kiyoharu Nakajima)