Auf ein Wort

Der Zukunftsletter im Interview mit Dr. Sascha Peters

Zukunftsletter 10/2010
Verlag für die Deutsche Wirtschaft AG

Der Welt der Materialien steht ein revolutionärer Umbruch bevor. Spätestens seit klar ist, dass fossile Rohstoffe nur noch in begrenztem Maße zur Verfügung stehen, wird intensiv an Alternativen gearbeitet. Die werkstofflichen Errungenschaften des 20. Jahrhunderts, die vor allem dem Erdöl zu verdanken waren, werden schon in naher Zukunft ihre Bedeutung verloren haben.

Zukunftsletter: Welchen Stellenwert haben neue Materialien heute und welchen Ansprüchen müssen sie künftig genügen?

Dr. Sascha Peters: Hemden, die nie knittern; Särge aus Mandelschalen; Autoscheiben mit programmierbaren Rückleuchten: 70 % aller neuen Produkte basieren auf neuen Materialien. Aber die Anforderungen haben sich stark geändert. Wurden Hochleistungsmaterialien Ende des 20. Jahrhunderts noch auf eine oder wenige Eigenschaften hin optimiert, weisen Werkstoffinnovationen heute meist multifunktionelle Qualitäten auf.

Zukunftsletter: Auf welche Innovationen dürfen wir in nächster Zeit hoffen?

Dr. Sascha Peters: Der Welt der Materialien steht ein revolutionärer Umbruch bevor. Spätestens seit klar ist, dass fossile Rohstoffe nur noch in begrenztem Maße zur Verfügung stehen, wird intensiv an Alternativen gearbeitet. Die werkstofflichen Errungenschaften des 20. Jahrhunderts, die vor allem dem Erdöl zu verdanken waren, werden schon in naher Zukunft ihre Bedeutung verloren haben.

Zukunftsletter: Holz, Lehm und Stroh am Bau, Produkte aus Biokunststoffen: Wie bewerten Sie den Trend zu Naturmaterialien und ökologischer Nachhaltigkeit?

Dr. Sascha Peters: Vor allem im Baugewerbe und im Packaging werden natürliche Materialien immer wichtiger. In der Gesamtbilanz schneidet beispielsweise Naturfaserdämmung dank Ressourcenschonung und geringerem Primärenergieeinsatz besser ab als klassische Materialien. Neptunbälle etwa, an Stränden angeschwemmte Seegrasballen, sind eine außergewöhnliche Entdeckung. Ihr großer Vorteil: natürliche Brandschutzeignung ohne umweltbelastende Zusätze. Bei Verpackungen ersetzen kompostierbare Biopolymere immer öfter klassische Kunststoffe. Das ist ein neuer Markt mit jährlichen Zuwächsen von 25 bis 30 % bis 2020.

Zukunftsletter: Cradle-to-cradle oder Bionic gelten als zukunftsweisende Design-Konzepte. Wie beurteilen Sie diese Trends?

Dr. Sascha Peters: Das Denken in Werkstoffkreisläufen und die Orientierung an natürlichen Konstruktionsprinzipien setzen sich durch. In den nächsten Jahren werden aber auch traditionelle mechanische Fertigungsprinzipien durch neue Techniken ersetzt. Im Einsatz sind sogar schon organische Wachstumstechniken für Werkstoffe. Ein Beispiel: Verpackungs-Hartschaum als Alternative für Styropor, der sich aus einem Geflecht mikroskopisch kleiner Pilzfäden zusammensetzt, die organische Abfallstoffe fest miteinander verbinden.

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Bild: Schaumstoff aus Pilzen (Ecovative Design, USA)