Papierverpackungen aus Moorpflanzen

Papierverpackungen aus Moorpflanzen

Geringer Ligningehalt bietet zahlreiche Vorteile

13. Januar 2025

Als Baustoffe, Viehfutter und Nahrungsmittel werden Moorpflanzen wie Schilf, Torfmoos und Rohrglanzgras bereits genutzt. Aufgrund ihres geringen Ligningehalts könnten die Moorpflanzen jedoch auch eine attraktive Alternative zu Holz als Rohstoffquelle für nachhaltige Papierverpackungen sein. Am Fraunhofer IVV werden derzeit die Möglichkeiten zur Herstellung von Verpackungen und Schalen untersucht.

Durch Tiefziehen und Faserguss erzeugte Packmittel

Holz ist aktuell einer der wichtigsten Bestandteile von Papier. Mit Blick auf die stark gestiegenen Marktpreise und einer in Deutschland sehr hohen Importquote erhalten alternative Rohstoffquellen zunehmende Bedeutung für Papier- und Papierverpackungen. Im Forschungsprojekt „PALUDI“ haben Forschende am Fraunhofer IVV die Potenziale von Moorpflanzen wie Schilf, Seggen oder Rohrglanzgras für nachhaltige Verpackungen zu untersucht.

Die im Projekt untersuchten Moorpflanzen werden gezielt in wiedervernässten Nieder- und Hochmooren angebaut. Künftig erhalten Moorpflanzen mehr Fläche, da laut dem EU-Renaturierungsgesetz vom Februar 2024 mindestens 30% der Flächen von Wäldern, Grünland und Feuchtgebieten wiedervernässt und renaturiert werden müssen.

Man spricht auch von Paludikultur. „Gemeint ist damit die Bewirtschaftung in nassen Mooren mit standortangepassten Pflanzenarten. Paludikulturen tragen zum Erhalt der Moore bei und leisten einen Beitrag zum Klimaschutz, da sie CO2-Emissionen minimieren – ein weiterer Grund, sie näher zu erforschen“, sagt Fabian Kayatz, der das Projekt am Fraunhofer IVV leitet.

Im Vergleich zu Holz zeichnen sich Moorpflanzen durch einen niedrigen Ligningehalt aus. Um eine für Verpackungen hinreichend hohe Faserqualität zu erhalten, müssen daher beim Aufschluss der Pflanzenfasern weniger Chemikalien eingesetzt werden. Bei der chemischen Charakterisierung von Paludikulturen aus dem Freisinger Moos wurde im Vergleich zu Nadel- und Laubholz ein um bis zu 25% niedrigerer Ligningehalt nachgewiesen.

„Je weniger Lignin vorhanden ist, also der natürliche Klebstoff in den pflanzlichen Zellwänden, desto geringer ist der Einsatz etwa von Säuren oder Laugen beim chemischen Aufschluss und desto stabiler bildet sich ein Fasernetzwerk aus“, erläutert Kayatz. Zudem verfügt Zellstoff aus diesen Pflanzenfasern über bessere mechanische Eigenschaften als Zellstoff aus anderen Strohzellstoffen wie etwa Mais oder Bambus.

Darüber hinaus lässt sich Lignin aus nicht verholzenden Pflanzen leichter auslösen bzw. von den Fasern trennen, sodass Aufschlussverfahren, wie z.B. der alkalische Soda-Aufschluss, weniger energieintensiv ausfallen als bei der herkömmlichen Papierherstellung aus Holz. Bei dem im Projekt entwickelten Aufschlussverfahren, das an Schilfrohr getestet und auf andere Paludikulturen übertragen wurde, konnten die Forschenden mit Temperaturen von unter 100 °C arbeiten, die bis zu 45% unter den niedrigsten Werten für chemische Faseraufschlussverfahren liegen und infolgedessen einen geringeren Energieeinsatz erfordern.

Das Lignin konnte mit dem Verfahren des Fraunhofer IVV in Abhängigkeit der eingestellten Parameter um bis zu 83% herausgelöst werden. „Nach der Ernte der Moorpflanzen könnte die gewonnene Biomasse im Industriemaßstab in der Zellstofffabrik weiterverarbeitet werden. Dort würde dann die Zellstoffherstellung durch den Aufschluss der Pflanzenfasern erfolgen«, erläutert der Forscher die ersten Prozessschritte zur Verpackungsherstellung.

In weiteren Tests zeigte sich, dass die hergestellten flachen, fasergegossenen Papiere gut verarbeitbar waren. Die Zugfestigkeit von flachen fasergegossenen Laborproben lag deutlich über den Werten der Referenzprobe, die in Form eines Eierkartons vorlag. Die Zugabe von Additiven wie Stärke und Leimungsmittel steigerte die Zugfestigkeit und Dehnbarkeit sowie die wasserabweisenden Eigenschaften der Papiere noch. Darüber hinaus erwiesen sich die hergestellten Papiere aus Paludikulturen für Verarbeitungsprozesse wie Falzen, Kleben und Bedrucken als geeignet.

Mittels Faserguss- und Tiefziehverfahren konnten die Forschenden aus Schilfrohrfasern stabile Papiertiegel und Schalen herstellen, ohne Additive zu verwenden. Für die Produktion dieser Packmitteldemonstratoren hatten die Forschenden eigens eine Laboranlage entwickelt. Geplant ist nun die Herstellung von Verpackungen für den Non-Food-Bereich wie Kosmetik, Logistik und Büromaterialien.

www.ivv.fraunhofer.de

Bild: Im Vergleich zu Holz zeichnet sich Rohrglanzgras durch einen niedrigeren Ligningehalt aus (Quelle: Fraunhofer IVV)