Künstliche Motorengeräusche für Elektroautos

Akustischer Fußgängerschutz wird ab Juli 2019 Pflicht

19. Februar 2018

In vielen deutschen Großstädten ist das Angebot von Sharing-Plattformen für Elektroautos in den letzten Monaten größer geworden und erfreut sich enormer Beliebtheit. Benutzerfreundliche Apps ermöglichen ein unkompliziertes Leihen der Vehikel. Viele Stadtbewohner erwarten vom bevorstehenden Umstieg auf die Elektromobilität, dass sich die Luftqualität verbessert und der Lärm in den Städten abnehmen wird. Schließlich sind Elektroautos beim Anfahren und bei Geschwindigkeiten bis 30 km/h nahezu geräuschlos. Das kann vor allem für unaufmerksame Fußgänger eine ernsthafte Gefahr werden. Oft abgelenkt durch das allgegenwärtige Smartphone, verlassen sich viele auf ihre Ohren, und es kommt zu vermeidbaren Unfällen.

Akustische Signale wie im Science-Fiction-Blockbuster

Die EU-Verordnung 540/2014 legte schon vor Jahren fest, dass ab 1. Juli 2019 jedes Elektro- oder Hybridauto über einen „akustischen Fußgängerschutz“ verfügen muss. Bereits zugelassene Elektroautos ohne eingebautes „Acoustic Vehicle Alerting System“ (AVAS) können problemlos nachgerüstet werden. Je nach Hersteller kostet der Minilautsprecher für die Frontschürze des Wagens € 155.

Was im ersten Moment plausibel erscheint, sehen die Kommunen eher skeptisch. Schließlich rücken durch solche Soundsysteme die angestrebten Straßenlärmminderungen wieder in weite Ferne. Vielmehr sollten alle Verkehrsteilnehmer, sei es Autofahrer oder Fußgänger, sich auf die leisen Elektroflitzer im Stadtverkehr einstellen. Ein Schlupfloch gibt es in der Verordnung jedoch, das das Interesse von Sounddesignern geweckt hat. Das künstliche Geräusch muss nicht zwangsläufig wie ein herkömmlicher Benzinmotor sondern nur ähnlich klingen. Ein erstes Soundbeispiel hat die Wirtschaftskommission für Europa der Vereinten Nationen (UNECE) nun auf ihrer Internetseite veröffentlicht.

Am Lehrstuhl für Mensch-Maschine-Kommunikation der TU München, erforscht Prof. Hugo Fastl die Grundlagen des Geräuschdesigns für Elektroautos. Gemeinsam mit seinen Mitarbeitern werden unterschiedlichen Grundgeräuschen zunächst eine feste Tonhöhe zugeordnet. Diese liegt meistens im mittleren Frequenzbereich, um im Anschluss verschiedenste Geschwindigkeitsgeräusche des Autos über unterschiedliche Tonhöhen zu simulieren. Je nach Automarke spielen Klangfarbe und Rauigkeit des künstlichen Geräusches eine entscheidende Rolle. Schließlich sollen die Kunden auch beim Elektroauto den feinen Unterschied zwischen einem BMW, Audi oder VW hören können.

www.tum.de

Bild: Prof. Hugo Fastl im Soundstudio (Foto: Uli Benz/TUM)