
Computermaus aus Holz
Grüne Elektronik dank biologisch abbaubaren Leiterplatten
7. Oktober 2025
Leiterplatten bestehen heute fast ausschließlich aus petrochemischen Rohstoffen und lassen sich kaum recyceln. Empa-Forschende haben eine biologisch abbaubare Variante entwickelt, ein Beitrag für eine nachhaltige Elektronik. Ihr Biomaterial basiert vollständig auf den im Holz enthaltenen Ressourcen und lässt sich zu funktionierenden Platinen für elektronische Geräte verarbeiten.
Kompostierbare Computermaus aus Holz, Lignin und Fibrillen
Leiterplatten bilden das Herz eines jeden elektronischen Geräts, vom Smart Phone, über das Laptop bis hin zur elektrischen Zahnbürste. Die steifen Platinen sind mit Kupferbahnen und verlöteten Elektronikkomponenten versehen und meist in einem charakteristischen Grün lackiert. Besonders umweltfreundlich sind sie nicht.
Als Trägermaterial für die Kupferbahnen und elektronischen Komponenten kommt in der Regel ein Laminat aus glasfaserverstärktem Epoxidharz zum Einsatz. Dieser Verbundwerkstoff wird auf Basis von Erdöl hergestellt und lässt sich nicht recyceln. Die fachgerechte Entsorgung ist aufwendig, zum Beispiel in einem speziellen Pyrolyseofen mit Abluftreinigung.
Forschende um Thomas Geiger am Empa arbeiten an einer nachhaltigen Alternative, die in Wahrheit braun ist. Im Rahmen des EU-Forschungsprojekts „HyPELignum“ haben sie ein Trägermaterial für die Leiterplatten auf der Basis von Holz entwickelt, der mit dem konventionellen Epoxidharz mithalten kann und zugleich vollständig biologisch abbaubar ist. Die daraus hergestellten Platinen haben die Forschenden in funktionierende Computermäuse eingebaut.

Der Ausgangsstoff für das Trägermaterial ist eine natürliche Mischung aus Cellulose und etwas Lignin. Streng genommen handelt es sich dabei um ein Abfallprodukt. „Unsere Partner am Forschungsinstitut TNO in den Niederlanden haben ein Verfahren entwickelt, um die Rohstoffe Lignin und Hemicellulose aus dem Holz zu extrahieren“, erklärt Geiger. „Was bleibt, ist die bräunliche Lignocellulose, für die es bisher keine Verwendung gab.“
Damit aus der flockigen Lignocellulose ein High-Tech-Produkt werden kann, muss sie zunächst mit Wasserzugabe gemahlen werden, um die relativ dicken Cellulosefasern zu feinen Cellulose-Fibrillen aufzuschließen. Dabei entsteht ein feines Netz aus hauchdünnen Fibrillen, die untereinander verknüpft sind.
In einem nächsten Schritt wird das Wasser aus der Masse mit hohem Druck herausgepresst. Die Fibrillen rücken näher zusammen und trocknen zu einer festen Masse. Diesen Prozess nennen die Forschenden „Hornifizierung“. Das enthaltene Lignin dient dabei als ein zusätzliches Bindemittel in der Masse.
Die so entstandene hornifizierte Platte ist nahezu so widerstandsfähig wie eine konventionelle Leiterplatte aus Glasfasen und Epoxid. Nahezu, denn die kompostierbare Platte reagiert noch immer empfindlich gegenüber Wasser und hoher Luftfeuchtigkeit. Aber Wasser wird benötigt, denn, „wenn gar kein Wasser mehr in das Trägermaterial eindringen kann, können auch keine Mikororganismen, wie Pilze, mehr darin wachsen – und damit wäre die Bioabbaubarkeit nicht mehr gegeben“, erklärt Geiger.
Dennoch sind die Forschenden zuversichtlich, dass sich die Resistenz des Biowerkstoffs aus Lignocellulose mit der richtigen Verarbeitung weiter verbessern lässt. „Bei gewissen Anwendungen müssen wir aber auch unser Verhältnis zur Elektronik überdenken“, sagt Thomas Geiger. „Viele elektronische Geräte sind nur wenige Jahre in Gebrauch, bevor sie veralten – es ist daher nicht unbedingt sinnvoll, sie aus Materialien herzustellen, die Hunderte von Jahren überdauern können.“
Ihre nachhaltigen Leiterplatten haben die Forschenden in Zusammenarbeit mit ihrem Industriepartner PROFACTOR GmbH in Österreich mit Leiterbahnen bedruckt und mit Komponenten bestückt, um funktionierende elektronische Geräte herzustellen, etwa eine Computermaus oder eine RFID-Karte.
Am Ende seiner Lebensdauer könnte ein solches Gerät unter den richtigen Bedingungen kompostiert werden. Ist das Trägermaterial erst mal zersetzt, lassen sich die metallischen und elektronischen Komponenten aus dem Kompost entnehmen und recyceln.
Als nächstes wollen die Forschenden ihren Biowerkstoff für Leiterplatten widerstandsfähiger machen, ohne seine Bioabbaubarkeit zu beeinträchtigen. Auch planen die Projektpartner weitere Demonstrationsgeräte mit Platten aus Lignocellulose zum Abschluss des „HyPELignum“-Projekts im September 2026 anzufertigen.
Bild: Bei dieser Computermaus besteht nicht nur das Gehäuse aus bioabbaubarem Material, sondern auch die Leiterplatte. (Foto: Empa)
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