
Klebstoffe aus Federn
Faserbildendes Strukturprotein Keratin bildet die Basis für nachhaltige Klebstoffentwicklung
9. Januar 2025
Ob zur Befestigung eines Bodenbelags, zur Fertigung von Sportschuhen, im Smartphone, in Möbeln oder für Verpackungen, Klebstoffe sind allgegenwärtig. Sogar die Frontscheiben von Autos werden eingeklebt. In unserer Produktwelt gehen die meisten Klebstoffe heute auf fossile Rohstoffe zurück. Am Fraunhofer IGB wird derzeit ein alternatives Verfahren entwickelt, um mit dem in Hühnerfedern enthaltenen faserbildenden Strukturprotein Keratin Klebstoffe herzustellen.
Federn aus der Geflügelfleischproduktion
Mit Keratin kann man nicht nur eine Vielzahl unterschiedlicher Klebstoffe für verschiedene Anwendungsbereiche herstellen. Die Verfahren und Endprodukte sind vielmehr nachhaltig und orientieren sich am Grundprinzip einer bioinspirierten Kreislaufwirtschaft. Das gemeinsame Projekt mit dem Henkel Konzern aus Düsseldorf zielt wegen der vielfältigen Einsatzmöglichkeiten auf einen Milliardenmarkt.
Experten kennen mehr als 1.000 unterschiedliche Klebstoff-Varianten. Diese verbinden fast alle denkbaren Materialien miteinander. Klebstoffe wiegen nicht viel und sind deshalb für den Leichtbau geeignet. Zudem verziehen sich geklebte Flächen nicht, da der Druck anders als bei Schraubverbindungen gleichmäßig verteilt wird. Klebstoffe sind kostengünstig, meist einfach zu verarbeiten, rosten nicht und dichten gegen Feuchtigkeit ab. Zudem sind mit Klebstoff verbundene Flächen weniger empfindlich gegen Schwingungen.
Federn fallen bei der Geflügelfleischherstellung als Abfälle an. Sie werden vernichtet oder in Tierfutter gemischt. Doch als Abfall sind die Federn viel zu wertvoll, denn Federn enthalten das Strukturprotein Keratin. Dieses Biopolymer wird von Tieren für Krallen, Klauen, Hufe oder eben Federn gebildet. Seine Faserstruktur verleiht hohe Festigkeit.
Keratin ist ein umweltfreundlicher, weil biologisch abbaubarer Stoff, der darüber hinaus durch seine Struktur jene Eigenschaften besitzt, die ihn für die Herstellung von Klebstoffen besonders geeignet machen. Die Polymer-Struktur, also die besonders langkettigen Moleküle, in Verbindung mit der Eigenschaft, über seine funktionellen Gruppen Vernetzungsreaktionen einzugehen, prädestiniert Keratin für die Herstellung von Klebstoffen aller Art.
Im Projekt KERAbond „Spezialchemikalien aus maßgeschneiderten funktionalen Keratin-Proteinen“ haben die Projektpartner ein neues Verfahren entwickelt und optimiert. Im ersten Schritt werden die vom Schlachtbetrieb angelieferten Federn sterilisiert, gewaschen und mechanisch zerkleinert. Anschließend erfolgt ein enzymatischer Prozess, bei dem die langkettigen Polymere bzw. Protein-Ketten durch Hydrolyse in kurzkettige Polymere gespalten werden.
„Wir nutzen das Verfahren und die Plattform-Chemikalie wie eine Toolbox, mit der wir die gewünschten Merkmale des Endprodukts herstellen“, erklärt Projektleiter Dr. Michael Richter. Auf diese Weise könnte man Parameter wie Aushärtezeit, Elastizität, Temperaturverhalten oder Festigkeit des gewünschten Spezialklebers festlegen.
Im nächsten Schritt peilte das Fraunhofer-Team die Konversion der Federn im Großmaßstab an. Diese Hochskalierung fand am Fraunhofer-Zentrum für Chemisch-Biotechnologische Prozesse CBP in Leuna statt. Ziel war es zu beweisen, dass die Herstellung der Plattform-Chemikalien auf Keratin-Basis auch im industriellen Maßstab kostengünstig realisierbar ist.
Dabei wurden mehrere Kilogramm Hühnerfedern verarbeitet, und das dabei produzierte Material konnte für erste vielversprechende Materialtests am Fraunhofer IGB und bei Henkel eingesetzt werden. Für die Fraunhofer-Gesellschaft hat diese bioinspirierte Verfahrenstechnik eine besondere Bedeutung.
„Wir lassen uns von Funktionen oder Eigenschaften inspirieren, die in der Natur oder in natürlichen Rohstoffen bereits vorhanden sind. Und wir versuchen, diese Eigenschaften durch innovative Herstellungsprozesse in die Produkte zu übersetzen. So entsteht ein bioinspirierter Kreislauf der wertvollen Rohstoffe“, erläutert Richter die Herangehensweise.
Bild: Am Fraunhofer CBP wurde das Verfahren in einen größeren Maßstab skaliert. Dabei konnten mehrere Kilogramm Hühnerfedern verarbeitet werden (Quelle: Fraunhofer CBP)
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