Abstraktes Licht
Lichtsimulation in Renderings und Filmen
12. Juli 2015

„To play with light is to play with magic“, schrieb Richard Kelly 1952. Der amerikanische Lichtplaner war ein Wegbereiter seiner Zunft. Er befasste sich als einer der ersten mit der Wiedergabe von Licht in – damals noch analogen – Darstellungen von Architektur und Räumen. Licht entscheidet über die Wahrnehmung von Gebäuden, Räumen, Materialien, deren Funktion, Wirkung und Anmutung.
Zu Kellys Zeiten wurde von Hand gezeichnet. Heute dient der Rechner als Stift, der Bildschirm als Blatt, Farben und Formen liefert die Software. Spotlights, Umgebungslicht oder das Spiel von Lichtpunkten, die Details im Bild hervorheben, waren für Kelly die zentralen Elemente, die die Qualität von Licht ausmachen. Daran hat sich für trotz der digitalen Revolution nichts geändert. Nur die technischen Mittel sind vielfältiger.
Der computer-generierte Fotorealismus, also die vermeintlich naturgetreue Wiedergabe der Realität, ist allgegenwärtig. Auf dem Immobilienplakat, in der Fernsehwerbung oder im neusten Hollywoodfilm. Doch welchen Mehrwert bieten diese Darstellungen? Die entscheidende Frage für uns als Visualisierer von Zukunftsvisionen lautet: Was will mein Auftraggeber vermitteln? Und wem? Was ist der Kern seiner Idee? Architekten, Designer, Lichtplaner, Bauherren, Industrieunternehmen und öffentliche Auftraggeber brauchen eine möglichst klare Vorstellung von dem, was sie planen und beauftragen. Je nach Zielgruppe und Botschaft bieten sich hierfür unterschiedliche Abstraktionsgrade an, die maßgeblich vom „Spiel mit dem Licht“ geprägt sind. Den bestmöglichen Stil digitaler Lichtreproduktion zu finden, ist für die Agentur morean aus Berlin Reiz und Herausforderung zugleich. Vier polarisierende Referenzbeispiele zeigen die Arbeit des Büros für digitale Realitäten:
Lichtwirkungsraum für Zumtobel: Realitätsnahe Lichtsimulation

Der reduziert gestaltete Innenraum zeigt eine am Computer generierte Beleuchtungssituation. Sie soll Lichtplaner im Planungsprozess unterstützen und bei der Auswahl der später verbauten Lichtquellen helfen. Hier macht die fotorealistische Simulation von Licht Sinn, die auf lichttechnisch präzisen Daten des Leuchtenherstellers basiert. Es geht dabei gerade nicht um die Überzeichnung durch Spezialeffekte. Eine realitätsnahe Simulation – dies macht das Beispiel deutlich – ist nicht die Reproduktion der realen Umwelt. Es ist die Imitation einer fotografischen Realität. Bilder, die durch eine Kamera eingefangen werden, sehen anders aus als das, was ich mit den eigenen Augen wahrnehme. Die visuellen Referenzen von morean sind stets fotografierte und gefilmte Realitäten.
Mixed Light Simulation: Animation kombiniert berechnetes und gefilmtes Licht


Im zweiten Beispiel geht es um die atmosphärische Wirkung der Beleuchtung. Die 3D-Animation, aus der die Bilder stammen, zeigt die verschiedenen Lichtkonfigurationen einer neuen LED-Leuchte. Das Ergebnis ist ein informativer wie emotionaler Produktfilm, der die realen Lichtverhältnisse etwas überzeichnet und so eine wohlige und zugleich hochkonzentierte Arbeitsatmosphäre erzeugt. Hierfür kombinierte morean reale Elemente (Menschen und Skyline) mit digital erstellter Architektur, in diesem Fall die gesamten Innenräume und Einrichtungsgegenstände.
Röntgeneffekt zur Darstellung technischer Zusammenhänge

Das letzte Beispiel zeigt einen nochmals völlig anderen Umgang mit Licht. Die einzigen Lichtquellen sind hier die Konturen der Objekte selbst. Die so erreichte Abstraktion wirkt sehr technisch und kühl. Anders als in den vorherigen Beispielen geht es hier weder um die physikalisch korrekte Wiedergabe von Licht noch um eine atmosphärische Stimmung. Der erzielte „Röntgeneffekt“ macht hingegen technische Details innerhalb von Maschinen und industriellen Anlagen transparent und verständlich.
Richard Kelly hat recht behalten. Das Licht macht den Zauber aus. Die immer leistungsfähigeren Rechner können Licht heute immer besser simulieren. Digitale Bilder suggerieren Realität. Trotzdem fällt der Zauber häufig einem synthetischen Hyperrealismus zum Opfer, der sich schnell als Selbstzweck entlarvt. Bewusst reduzierte Lichteffekte und abstrakte Darstellungen eignen sich oft sehr viel besser, um eine gewünschte Botschaft zu vermitteln. Die Magie entsteht dann aus der Wahl der Mittel.
Dieser Beitrag wurde von Philipp Eckhoff und Sven Nagel von der Digitalagentur Morean erstellt:
Weitere interessante Links:
Richard Kelly: Lighting as an integral part of architecture
Zumtobel SEQUENCE: Maßgeschneiderte Lichtsequenzen
Bilderquelle: morean – digital realities
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