Organic Prints
Pflanzliche Farben für den industriellen Textildruck
5. September 2019
Pflanzliche Farbstoffe kennt man seit Jahrhunderten. Seit dem Aufkommen synthetischer Farben spielen sie jedoch keine Rolle mehr und wurden nahezu vollständig vom Markt verdrängt. Mit dem Wunsch nach mehr Nachhaltigkeit in der Industrie, wurden in dem Verbundprojekt „Organic Prints“ zwischen der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle, der Textildruckerei KBC und hessnatur nun erstmals industrietaugliche, pflanzliche Farben für den Textildruck entwickelt. Damit stehen nun erstmals Farbsysteme für Seide und Modal zur Verfügung, die die hohen Ansprüche an die Farbechtheit erfüllen und eine maschinelle Verarbeitung ermöglichen.
Biobasierte Textilfarbstoffe sind biologisch abbaubar
Der Einsatz von Pflanzenfarben ist mit der Wiederbelebung des Anbaus von Färbepflanzen auch aus Biodiversitätsgründen interessant. Krapp, Reseda, Schildlaus, Blauholz, Gelbbeere und Jasminblüte kristallisierten sich als sinnvolle Farbstofflieferanten heraus, die gemeinsam mit ökologisch vertretbaren, schwermetallfreien Beizmitteln eingesetzt wurden. Mit diesen Rohstoffen experimentierten die Forscher, um die optimalen Rezepturen im Hinblick auf die Qualitätsmerkmale Farbtiefe, Schweiß-, Wasch-, Reibungs- und Lichtechtheit zu finden. Jeweils zwölf Farbtöne für Seide und Modal zeichneten sich durch besonders gute Eigenschaften aus und wurden auf zwei Farbkarten veröffentlicht.
In Upscale-Versuchen konnten mit den Farben bis zu 100 Meter lange Stoffbahnen im industriellen Rotationsdruck bedruckt werden. Um eine optimale Schweiß- und Wasserechtheit und beste Farbqualitäten zu erzielen, ist bei Seide allerdings eine Vorbeize notwendig. Diese stellt einen zusätzlichen Arbeitsschritt gegenüber dem Drucken mit synthetischen Farben dar. Sowohl auf Seide als auch auf Modal wird ein sehr harmonisches Farbspiel ermöglicht, lediglich die Farbintensität ist auf Modal etwas reduzierter.
Mit dem Entwurf einer ästhetisch anspruchsvollen Farbpalette und der damit gestalteten Kollektion wollten die Projektpartner das hohe Potenzial von Naturfarben aufzeigen. Diese erzeugen keine standardisierten Farben, die nach klassischen Systemen wie CMYK oder RGB mischbar sind, sondern werden nach einem neuen System anhand der Farbkarte für das individuelle Colorieren der Stoffe eingesetzt. Im Unterschied zum Färbeprozess, bei dem der gesamte Stoff mit Farbstoff durchtränkt wird, handelt es sich bei dem Druckverfahren um ein partielles Einfärben, das bei der Produktion gemusterter Stoffe zur Anwendung kommt. Dies erfordert andere Farbstoffzusammensetzungen als beim Färben. hessnatur hatte in der Frühjahrskollektion 2019 zwei Seidenblusen aus Crêpe-de-Chine-Seide mit vier Farbtönen der im Projekt entwickelten Farbkarte angeboten.
Bildquelle: hessnatur
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